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AutorenbildSatuli

Der Tag X - nach dem nichts mehr war wie vorher🥀

Ich werde immer mal wieder gefragt, wie ich gemerkt habe, dass ich Burnout gefährdet bin. Und wie ich diesen Zusammenbruch (den Tag X) erlebte. Heute kann ich (öffentlich) darüber sprechen, vor einigen Monaten ging dies noch nicht. Es ist ein langer Weg der Heilung, der im besten Fall später als Chance angeschaut werden kann. Steckt man mittendrin, ist es aber eine grosse Herausforderung für sich selbst und auch für das Umfeld🫶.


Wir Menschen sind so unterschiedlich und wir reagieren auch alle anders auf Stress. Es hängt von so vielen Faktoren ab, ob und wann der Körper "Stopp" sagt. Und meist geht ein jahrelanger Prozess von Überforderung voraus, bis es dann zu diesem definitiven "Kollaps" kommt, wo nichts mehr geht.


➡️Es kann jede und jeden treffen


Nicht nur den Top Manager des Grosskonzerns, der 16-Stunden-Tage als die Norm sieht. Nein, es kann ebenso gut die Verkäuferin treffen, die neben ihrem Teilzeitjob noch ihre demente Mutter pflegt. Den Studenten, der einen so grossen Leistungsanspruch an sich selbst hat, dass er sich nur mit den besten Resultaten zufrieden gibt. Oder auch den 30-jährigen Single, der sich einsam fühlt und gute Miene zum bösen Spiel macht. Statistiken zeigen zudem eine immer grössere Zunahme an psychisch bedingten Ausfällen in den letzten Jahren. Ich denke, dass niemand diesen Umstand leugnen kann.


Spürst du nicht auch, dass diese Welt unter dem Leistungsdruck und der immer grösseren Reizüberflutung ächzt? Dass die Anforderungen an uns steigen, dass wir selbst immer mehr von uns erwarten? Corona, Kriege, Veränderungen aufgrund Digitalisierung, all das kommt noch oben drauf.


Der Stress nimmt zu und führt zu einer Unruhe, die wir dann aber verdrängen. Da das Umfeld ja auch einfach weitermacht, reden wir uns ein, dass es "normal" ist. Das sei heutzutage so, das wird wieder besser, wenn...die Kinder aus dem Haus sind, das Projekt erfolgreich abgeschlossen ist, wir pensioniert sind. Die Stresssymptome nehmen zu. Tägliche Kopfschmerzen, Verspannungen, Gereiztheit, Erschöpfung und auch bereits kleinere Panikattacken. You name it😐.


➡️Nimm die Symptome ernst


Weisst du, dass ich nie gedacht hätte, dass ich ein Burnout erleiden würde? Hatte ich mich die letzten Jahre doch so stark mit den Themen Selbstfürsorge und Achtsamkeit beschäftigt. Ich habe bei allen anderen gespürt, wenn sie in eine gefährliche Grauzone gerieten, wo die Gefahr einer Erschöpfungsthematik schon an der Türe klopfte. Aber bei mir selbst? Nein, nicht wirklich. Ich hatte zwar vorgängig Entscheidungen getroffen, die daraus resultierten, dass ich wusste, dass ich kürzer treten muss. Aber ich war mir wirklich nicht bewusst, dass ich einen jahrelangen Gesundungsprozess vor mir haben werde.


Das ist auch der Grund, weshalb ich diesen Blog ins Leben gerufen habe. Es ist mir ein Herzensanliegen zu sensibilisieren. Wenn ich in dieser Welt mit meinen Artikeln einer Person das Gefühl geben kann, dass sie nicht alleine ist, dann bedeutet mir das sehr viel. Ich wünsche mir, dass du hier eine Verbundenheit fühlst, die dir die Kraft gibt, wieder an dich zu glauben. Und dir das Gefühl gibt, nicht alleine zu sein.


Die nachfolgenden Schilderungen schreibe ich in der Gegenwartsform. Weil ich es so besser für mich niederschreiben kann. Ich schildere meine Erlebnisse rund um diesen Tag X. Wie ich den Zusammenbruch erlebt habe. Nach bestem Wissen und Gewissen, nicht wertend, nicht als Opfer.


➡️August 2021: Am Abend vor meinem Zusammenbruch


Der erste Teamevent seit Ausbruch von Corona findet live (und nicht online) statt. Wir treffen uns an einem schönen Ort, ich freue mich. Ich spüre Nervosität, da ich schon länger keine Arbeitskollegen mehr live gesehen habe, weil ich seit Monaten zu 100% von zu Hause aus arbeite. Es könnte alles so schön sein.


Und doch stimmt etwas nicht. Ich beobachte mich von aussen, spüre, dass ich mich zwar an den Gesprächen beteilige, aber irgendwie neben mir stehe. Und immer wieder frage ich mich, "was ich eigentlich hier mache". In einer Endlosschlaufe frage ich mich das immer wieder. Diese Frage hat sich in den letzten Monaten eingeschlichen, am Anfang noch alle paar Wochen, seit neuestem aber täglich, wenn nicht mehrmals täglich. Irgendetwas stimmt mit mir nicht. Ich spüre es.


Nach dem Teamevent fahre ich nach Hause. Ich spüre eine tiefe Einsamkeit und eine Melancholie. Ich fühle eine tiefe Beklemmung. Ich versuche dieses Gefühl zu verdrängen. Ich rufe meinen Freund an. Ich möchte diese Gefühle nicht haben. Ich hatte doch einen schönen Abend? Auch das Telefonat kann mich nicht beruhigen. Ich schlafe zu Hause schlecht ein.



➡️August 2021: Am Tag meines Zusammenbruchs


Ich stehe am Morgen ganz normal auf. Ich mache mein morgendliches Ritual in Form von Meditation, Dankbarkeits- und Yogaübungen. Trinke meine vielen Tassen Kaffee "um in die Gänge zu kommen" und gehe unter die Dusche. Es fühlt sich alles normal an, ich funktioniere wie immer.


Dann taucht dieses beklemmende Gefühl wieder auf. Dazu kommt diese starke Melancholie. Diese schwere Trauer, die wie ein Stein auf meinem Herzen liegt. Ich stehe unter der Dusche und wünsche mir nur noch, dass ich krank bin. Damit ich nicht mehr arbeiten muss. Damit ich mich einfach nur noch verstecken kann. Ich kann nicht mehr.


Ich verdränge diese Gefühle wieder. Ich reisse mich zusammen. Ich muss diese Gefühle ignorieren. Wenn ich sie zulasse, dann würde es mich überrollen. Ich habe Angst davor. Angst davor, die Kontrolle über meine Emotionen zu verlieren. Dass ich weinend zusammenbreche. Ich habe doch keinen Grund. Mir geht es doch gut?


Ich setze mich also wie immer vor den Bildschirm. Starte meinen Computer und öffne meine Mail-App. Irgendetwas stimmt jetzt aber wirklich nicht mehr. Ich lese die Mails zwar, aber ich kann die Worte nicht begreifen. Ich sehe Buchstaben, aber diese ergeben keinen Sinn. Tief in mir drin spüre ich, dass nichts mehr geht. Ich fühle mich hilflos und verloren.


Ich rufe meinen Vorgesetzten an und melde mich krank. Mehr weiss ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dann rufe ich meinen Hausarzt an. Ich erkläre, dass nichts mehr geht. Die medizinische Praxisassistentin reagiert richtig und sagt mir, dass ich sofort in die Praxis kommen soll.


➡️"Frau Spengler - sie haben ein Burnout"


Ich schildere dem Arzt die Symptome. Alles kommt hoch, alles bricht aus mir raus. Ich weine und erzähle. Alles kommt auf den Tisch. Es hört nicht mehr auf, es ist, als hätte sich eine Schleuse geöffnet und ich endlich alles erzählen darf. Er hört mir zu und sagt mir: "Frau Spengler, so wie sie es mir schildern, haben sie ein Burnout". Dann schreibt er mich krank.


Ein Satz wird mir für die ganze Zeit (auch heute noch) in Erinnerung bleiben. Er sagte mir, dass ich "es" (die Krise) als Chance sehen soll. Dass ich ein paar Jahre später zurück schauen werde und dankbar bin, dass ich die Möglichkeit gehabt habe, in meinem "jungen" Alter andere Wege zu gehen.


Ich bin in diesem Moment aber nicht offen für diese Worte. Wie auch. Ich kann das Gesagte nicht richtig verarbeiten. Ich weiss nicht,

was es für mich bedeutet. Wie in Watte gepackt fahre ich nach Hause. Ich rufe meinen Freund an und sage ihm, was der Arzt festgestellt hat. Die totale Überforderung für beide Seiten. Die Zeit steht still. Nichts geht mehr.


➡️Die ersten Tage erlebe ich wie im Nebel


Ich hatte bis zu diesem Tag X durchgehalten. Bis vor kurzem noch an der Fachhochschule studiert und dies neben meinem 100% Arbeitspensum. Dann diese Persönlichkeitskurse in der Freizeit, um "eine bessere Version von mir zu werden" 🙄. Dazu kam die Corona-Homeoffice-Phase und als Krönung kam dieser perfektionistische Anspruch an mich. Irgendwie ging es, es musste ja gehen. Bei allen anderen geht es ja auch. Ich funktionierte und hoffte, dass ein Ereignis in der Zukunft eine Verbesserung bringt.


Nach der Diagnose Erschöpfungsdepression (Burnout) ging aber nichts mehr. Ich war gepusht von Stresshormonen, ich fand keine Ruhe. Ich wusste nichts mit mir anzufangen und fühlte mich rastlos. An Schlaf war nicht zu denken. Ich konnte nicht einschlafen, nicht durchschlafen, es gab Nächte ohne eine Minute Schlaf. Ich fühlte mich wie ein batteriebetriebenes Duracell-Figürchen, das nie zur Ruhe kommt.


Ich stand so dermassen neben mir. Ich funktionierte zwar die ganze Zeit, aber alles lief wie in einem Film an mir vorbei. Ich ass weiterhin, ich bügelte, ich machte den Haushalt. Von aussen hätte es sicherlich so ausgesehen, als wäre es ein normaler Alltag für mich. Aber das war es nicht.


➡️Und dann diese Ängste


Alles fühlte sich so bedrohlich an. Ich weiss noch, dass ich an einem Tag mit den ÖV nach Zürich musste zu einem Therapeuten-Termin. Als ich in den Zug stieg, hatte ich plötzlich das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Der Schweiss brauch aus mir heraus. Ich wollte nur noch aus dem Zug raus, das ging aber nicht. Später habe ich dann erfahren, dass ich eine Panikattacke hatte.


Generell war mein Alltag danach geprägt von Ängsten. Existenzängsten, die Angst, was andere von mir denken, Angst vor der Zukunft, Angst vor Krankheit. Ich befand mich in einer Ausnahmesituation. Jahrzehnte bin ich einem 100%-Job nachgegangen und plötzlich fiel das weg. Ich war nur noch zuhause. Der erste Schritt war somit, dass ich mir wieder eine Struktur aufbaue, damit ich mir nicht so verloren vorkomme.


Wow, diese intensive Auseinandersetzung mit dieser Zeit lässt auch vieles wieder hochkommen. Was mich Wunder nimmt, ist, ob dich diese Schilderungen interessieren? Interessiert dich mein weiterer Prozess nach diesem Zusammenbruch? Lass mir doch ein kurzes Feedback da, darüber würde ich mich sehr freuen.


In diesem Sinne verabschiede ich mich für heute und möchte dir nochmals sagen, wie wichtig es ist, dass du hinsiehst. Bei dir und bei anderen. Pass auf dich auf🌷


Von Herzen

Satuli💕









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