top of page
AutorenbildSatuli

Wann spielst du eine Rolle und bist nicht du selbst?đŸ«¶

FrĂŒher hat das so gut funktioniert. Auch wenn ich richtige Magenschmerzen und schlaflose NĂ€chte vor einer PrĂ€sentation hatte oder vor einem wichtigen GesprĂ€ch, man hat mir nichts angemerkt. Das mache ich mit links. Ruhig, selbstsicher und souverĂ€n habe ich prĂ€sentiert und wurde danach auf fĂŒr meine Ruhe gelobt. Was in meinem Innern vorging verschwieg ich bzw. ich redete nur mit meinen engsten Vertrauten darĂŒber. Diese waren dann oft erstaunt und es fielen dann SĂ€tze wie "Also das hat man dir gar nicht angemerkt".


Oder dann die Rolle der toughen, starken Frau, die sich kĂ€mpferisch fĂŒr etwas einsetzt. Ich spielte diese Rolle gut und auch oft ĂŒberzeugend, fĂŒhlte mich aber immer unwohl, weil es so unglaublich viel Energie von mir forderte, so tough und unnahbar rĂŒberzukommen. Denn eigentlich fĂŒhlte ich mich in diesen Momenten einfach nur unsicher und dieser Kampf war eine Art Schutz davor, verletzt zu werden. Am liebsten hĂ€tte ich mich aber verkrochen.


Wie oft spielte ich eine Rolle, von der ich dachte, dass sie von mir erwartet wurde. Sei es die brave Tochter, die gute SchĂŒlerin, die disziplinierte Assistentin oder die extravertierte Netzwerkerin. Es war mir so wichtig, dass ich gemocht wurde. Dass ich gesehen werde. Dass ich dazugehöre.



Wahrscheinlich spielt fast jeder Mensch manchmal eine RolleđŸ€·â€â™€ïž


Die einen mehr, die anderen weniger. Das ist auch nicht weiter schlimm. Blöd wird es dann, wenn man das GefĂŒhl hat, dass man sich verbiegen muss. Dass man nicht sich selbst sein kann. Dass man die ganze Kraft dafĂŒr aufwenden muss, diese Rolle aufrecht zu erhalten. Weil andere das von mir erwarten. Bis man sich selbst verliert.


Ich weiss noch, als ich in meinem Umfeld erzĂ€hlt habe, dass ich ein Burnout habe und krankgeschrieben bin. Die Reaktionen waren durchwegs Ă€hnlich. "Satu, von dir hĂ€tten wir das nie gedacht. Du hast doch alles im Griff? Du bist pflichtbewusst, du hast doch so viel geschafft." Niemand wollte wahrhaben, dass es mir schon vorher nicht gut ging. In meinem engeren Umfeld redete ich offen ĂŒber meine Herausforderungen, im geschĂ€ftlichen Kontext hatte ich den Mut nicht. Was wĂŒrde passieren, wenn ich meine SchwĂ€chen öffentlich mache? Wenn jemand von meinen Ängsten und Zweifeln weiss?


Wir leben in einer Zeit, in der Leistung hoch geachtet wird. In einer Gesellschaft, die vor vermeintlichem Perfektionismus nur so strotzt. Wo es als SchwÀche gilt, wenn man nicht alles im Griff hat. Wo Burnout und Depression noch immer so stigmatisiert werden. Wo man nur sichtbar ist, wenn man gesund ist. Wehe der Person, die lÀnger krank wird.


Einen Vorwurf machen kann ich meinem Umfeld aber trotzdem nicht


Auch ich bin in dieser Leistungsmaschinerie aufgewachsen und habe versucht, meine Fassade aufrecht zu erhalten. Auch ich habe mich immer ĂŒber Leistung definiert. Wer gibt schon gerne zu, dass man ĂŒberfordert ist? Dass man spĂŒrt, dass es nicht lange so weitergehen kann?


Heute weiss ich, dass diese Rollen gefĂ€hrlich sind. Weil sie keine SchwĂ€che zulassen. Weil es Jede und Jeden in seinem einsamen KĂ€mmerlein leiden lĂ€sst. Gedanken wie "es geht ja nur mir nicht gut" wird dann zur Regel. Es wirkt doch immer so perfekt bei den Anderen. Wenn ich jetzt meine Ängste und Zweifel öffentlich mache, dann werde ich nicht mehr fĂŒr gute Jobs berĂŒcksichtigt, weil ich ja nicht stressresistent sei. Weil ich ja ausfallen könnte. Aber fallen wir nicht eher darum aus, weil wir nicht wir selbst sein können? Weil wir alle Energie brauchen, um Fassaden und Rollen aufrecht zu erhalten und zu spielen?


Wir haben doch alle Ängste. Wir haben alle Zweifel. Wir sind Menschen. Die Welt erkrankt an diesen Rollenspielen und an einem Denken wie "Nur die Harten kommen in den Garten". Wen wundert es dann noch, dass so viele im eigenen Umfeld zusammenbrechen? LĂ€uft da nicht gewaltig etwas schief?


Wir dĂŒrfen keine SchwĂ€che zeigen


Du merkst vielleicht, dass dieses Thema mir nahe geht. Weil ich mich auch heute immer wieder in meinen alten Mustern und Rollen wiederfinde. Zeige ja keine SchwÀche, Satu. Wenn du SchwÀche zeigst, dann wird man dir keinen Job geben. Schreibe nicht öffentlich in deinem Blog, dass es dir nicht gut geht, es könnte ja deiner beruflichen Karriere schaden.


Der Unterschied ist aber heute, dass ich nicht mehr lange in diesen Rollen verweilen kann. Bis eine Stimme in mir schreit, dass das so nicht mehr geht. Dass ich authentisch sein möchte, dass ich Satu sein möchte. Mit all meinen StĂ€rken, aber auch mit all meinen Ängsten und Zweifeln. Ich bin keine Maschine, ich kann nicht einfach nur noch funktionieren. Ich möchte so gesehen werden wie ich bin, auch wenn ich mir damit nicht nur Freunde mache. Auch wenn sich Menschen (und Jobs) von mir abwenden. Ich kann und will diese Energie nicht mehr aufwenden, eine Rolle zu spielen.


Und doch verstehe ich nur zu gut, dass so viele eine Rolle spielen


Wenn du dich in derselben Situation wiederfindest wie ich, dann möchte ich dir sagen, dass ich dich verstehe, wenn du weiterhin eine Rolle spielst. Auch ich spiele immer wieder eine Rolle oder sage nichts, obwohl alles in mir schreit, dass ich das so nicht möchte. Wir brauchen VerstĂ€ndnis fĂŒr uns, dass diese Rollen nicht von heute auf morgen aufgegeben werden können. Weil sie uns auf irgendeine Weise schĂŒtzen. Davor verletzt zu werden. Oder auch davor, nicht dazuzugehören, weil man anderer Meinung ist. Kennst du diesen Kloss im Hals, wenn du anderer Meinung bist, als Menschen die dir wichtig sind? Dass jede Faser in deinem Körper schreit, dass du dazugehören möchtest? Wir sind soziale Wesen, das dĂŒrfen wir nicht vergessenđŸ«¶.


Und doch ist es so wichtig, dass du bei dir bleibst. Dass du dich so gibst, wie du bist


Weisst du auch warum? Weil sich dann die Menschen von dir verabschieden, die nicht zu dir passen. Und noch besser - dass die Menschen in dein Leben kommen, die dich so mögen wie du bist. Und nicht nur Menschen. Auch Jobs. Stell dir Mal vor wie toll es sein kann, wenn du in deinem Job deine StÀrken leben kannst, so wie du bist. Du musst nicht mehr stÀndig davor Angst haben, dass jemand deine SchwÀchen entlarvt und merkt, wie du wirklich bist. Ist das nicht wunderbar entspannend?


Ich auf jeden Fall habe mir vorgenommen, den im Moment noch unbequemeren Weg zu gehen. Zu sagen, wenn ich Angst habe. Das heisst nicht, dass ich deshalb weniger gut in meinem Job bin. Nein, die Ängste habe ich ja auch, wenn ich sie nicht zugebe. Wie jeder andere Mensch auch. Ich werde dadurch aber transparenter und kann meine Energie fĂŒr das einsetzen, was meinem Arbeitgeber und mir zugute kommt: Meiner Arbeit.


Einfach wird das nicht. Und doch so lohnenswert. Ich muss da immer an einen Satz denken, der mir gesagt wurde: "Zeig' Ecken und Kanten, du kannst nichts verlieren".


Wo spielst du eine Rolle, die dir so viel Kraft raubt? Wo möchtest du mehr du selbst sein?

Du brauchst es mir nicht zu schreiben, aber stell dir selbst diese Fragen. Stell dir mal vor, wenn plötzlich alles leichter wird, weil du einfach DU selbst sein darfst? Dass du dir nicht immer Gedanken machen musst, ob es okay ist, wie du dich gerade verhÀltst?


Das heisst nicht, dass wir ab sofort nur noch wie eine Rebellin schreiend durch das Leben rennen und alles anrempeln, was uns in die Quere kommt. Ausser du willst das natĂŒrlich. Aber dann darfst du auch mit den Konsequenzen leben😉. Nein, es geht darum, klar und deutlich du selbst zu sein. Zu sagen, wenn dir etwas Angst macht, wenn du Zweifel hast und wenn du etwas nicht magst. Vielleicht werden wir auch ĂŒberrascht, dass die Mitmenschen uns dann eher fĂŒr voll nehmen, wenn wir einfach so sind wie wir sind?


FĂŒr mich ist es ein grosser Wunsch, dass diese Welt menschlicher wird. Dass wir uns so zeigen dĂŒrfen wie wir sind. Gehst du auch diesen Weg mit mir?


Von Herzen💕

Satuli






25 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle BeitrÀge

Alle ansehen

Comments


bottom of page